FRÄNKISCHE NACHRICHTEN
Dr. Ludwig Schnurrer

Band über herausragende Persönlichkeiten
"Rothenburger Profile"
Viel beachtete Schriftenreihe.

Mit seiner Sammlung ausgewählter Rothenburger Biografien hat Dr. Ludwig Schnurrer dem Verein Alt-Rothenburg ein wertvolles Geschenk gemacht. Das Buch mit seinen Beiträgen zur Stadtgeschichte stößt auch über Rothenburg hinaus auf großes Interesse und festigt die Bedeutung der vom Verein heraus gegebenen Schriftenreihe.

20 gründlich recherchierte Lebensbeschreibungen profilierter Rothenburger, mit dem Patrizier Heinrich Vetter beginnend und mit dem Bürgermeister Gottfried Scharff endend, vermitteln einen lebhaften Eindruck von der bunten Vielfalt Rothenburger Persönlichkeiten.

Mit der Wiedergabe der Arbeiten würdigt der Verein die historische Arbeit Dr. Ludwig Schnurrers, der Lehrer am Gymnasium war, anlässlich seines 75. Geburtstages. Seit 1964 ist er in Rothenburg tätig, seit 1965 gehört er dem Ausschuss des Vereins Alt-Rothenburg an, von 1969 bis 1998 amtierte er als zweiter Vorsitzender des Vereins und als ehrenamtlicher Betreuer des hiesigen Stadtarchivs. Außerdem fungiert er seit 1967 als Schriftleiter für die heimatgeschichtliche Beilage "Die Linde".

Zur Vielzahl seiner Publikationen kommen gründliche Inventarisierungs- und Ordnungsarbeiten im Stadtarchiv sowie in kirchlichen Archiven. Während des Geschichtsstudiums in München hatte sich Ludwig Schnurrer auf mittelalterliche Urkunden spezialisiert.

Seinen Ruhestand nutzt er für größere wissenschaftliche Projekte, darunter die Edition der ältesten Landgerichtsbücher, die von Rothenburg 1274 einsetzen und damit deutschlandweit eine aufsehenerregende Besonderheit darstellen. Fünf Jahre nach dem Erscheinen des Aufsatzbandes "Rothenburg im Mittelalter" wird nun eine weitere Sammlung von Texten zur Rothenburger Stadtgeschichte veröffentlicht. Dabei handelt es sich um zwanzig teils knappe, teils umfangreichere Lebensbilder herausragender Persönlichkeiten, die aus Rothenburg stammen oder in Rothenburg tätig gewesen sind.
Drei Biografien besonders prominenter Rothenburger (Rabbi Meir ben Baruch, Ritter Götz Lesch und Heinrich Toppler) sind bereits im Sammelband "Rothenburg im Mittelalter" abgedruckt. Sie stammen aus der Zeit von 1964 bis zur Gegenwart und wurden in verschiedenen regionalgeschichtlichen Zeitschriften und Sammelbänden veröffentlicht. Der Wiederabdruck soll diese biografischen Texte einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.




Dr. Ludwig Schnurrer

Die Beiträge sind genaue Abdrucke der Originaltexte. Sie stellen den thematischen Forschungsstand der jeweiligen Erscheinungsjahre dar. Auf weiterführende, auf den neuesten Stand gerichtete Bearbeitungen wurde verzichtet, um Schwierigkeiten bei der Verwendung beider Textgruppen zu vermeiden, so die Begründung. Dies ist vor allem zu beachten bei der Angabe der verwendeten Literatur, noch mehr bei den Lagerorten und Signaturen von Archivalien, die sich in der Zwischenzeit verändert haben.

Die typografische Bearbeitung des Buches "Rothenburger Profile" lag in den Händen des früheren Stadtarchivars Waldemar Parr (Ochsenfurt). Rothenburg ist in der glücklichen Lage ein gut geführtes Stadtarchiv zu besitzen, das jetzt mit dem profilierten Historiker, Professor Karl Borchardt, besetzt ist.

Das Titelbild des Buches zeigt ein Porträt des Bürgermeisters Johann Georg Styrzel nach einem Kupferstich von 1669. Bei seinem Tod im Alter von 77 Jahren nahm nicht nur Rothenburg, sondern ein großer Teil des gelehrten und literarischen Deutschland Abschied von einem ihrer typischen, freilich auch begabtesten und weitestwirkenden Vertreter. Ein Kapitel widmet sich auch Gottfried Scharff, Bürgermeister in Rothenburg von 1852 bis 1883.

Die personenbezogenen Erläuterungen spiegeln auch ein Stück Stadtgeschichte wider: Die Georgenapotheke an der Georgengasse hat inzwischen aufgehört zu existieren. Diese, 1708 von Samuel Philipp Oppermann aus Goslar als dritte Rothenburger Apotheke gegründet und "Zum Engel" benannt, war von 1903 bis 1945 im Besitz von Friedrich Scharff. Nach seinem Tod übernahm sie sein Sohn Heinz, später bis zuletzt dessen Witwe. Der Verein Alt-Rothenburg hat wesentliche Teile der Apothekeneinrichtung für das Reichsstadtmuseum erworben, wo in absehbarer Zeit ein Apothekenraum eingerichtet werden wird. Damit konnte wenigstens ein Teil der Georgenapotheken-Tradition bewahrt werden.

Die Familie Scharff kam schon zwei Generationen vorher nach Rothenburg. Sie stammt aus einer angesehenen Bürgerfamilie aus Marktredwitz und Wunsiedel in Oberfranken, die sich bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen lässt und aus der viele Ratsherrn und Bürgermeister in beiden Orten hervorgegangen sind. Einer von ihnen, Georg Gottfried Scharff, wurde 1852 Bürgermeister von Rothenburg. Er wurde am 16. September 1811 in Hof geboren. Seine Eltern waren der Stadtsekretär Johann Wilhelm Scharff in Hof (1769 bis 1847) und Christina Charlotte Sieger aus Kirchenlamitz (1778 bis 1834). Er besuchte das Gymnasium in Regensburg, dann studierte er von 1833 bis 1836 die Rechte an den Universitäten München und Jena. Nach dem juristischen Staatsexamen 1838 war er Rechtspraktikant in Nalla, Münchberg, Ludwigstadt und Rothenburg. 1849 wurde der Landgerichtsassessor in Uffenheim. Im gleichen Jahr heiratete er Katharina A. Piering (1826 bis 1859). In zweiter Ehe nahm er 1860 Karoline Friederike Piering (1833 bis 1929) zur Frau. Der ersten Ehe entstammten sieben, der zweiten vier Kinder.

Als am 9. Mai 1851 Bürgermeister Wächter in Rothenburg starb und die Stelle öffentlich ausgeschrieben wurde, bewarb sich auch Gottfried Scharff darum. Unter fünf Bewerbern wurde er am 21. September 1851 mit 21 (von 24) Stimmen der Bevollmächtigten gewählt. Sein Amt trat er am 1. Januar 1852 an. Nach dreijährigem Provisorium erhielt er Ende 1854 die definitive Anstellung. Er bezog die städtische Bürgermeister-Wohnung in der Herrngasse. Sein Jahresgehalt betrug 1200, ab 1858 dann 1400 Gulden.

In der städtischen Gesellschaft spielte er natürlich eine wichtige Rolle. Mit dem späteren Reichskanzler Fürst Chlodwig von Hohenlohe-Schillingsfürst war er befreundet. Von ihm erhielt er eines der ersten Hinterlader-Gewehre, offenbar als Jagdwaffe. Einen im Exil in Rothenburg lebenden russischen Fürsten unterrichtete er in der deutschen Sprache. 1861 wählte man ihn zum Vorstand der vornehmen Casino-Gesellschaft. Zwanzig Jahre später, zu seinem 70. Geburtstag 1879, schenkte ihm die Stadt einen silbernen Pokal und eine silberne Fruchtschale. Erst vier Jahre später, am 1. Juli 1883, ließ er sich pensionieren.

Am 21. Dezember 1889 starb Gottfried Scharff. Er wurde auf dem Rothenburger Friedhof beerdigt.
Vorgestellt wird in dem Buch auch der Rothenburger Stadtzimmermann Konrad Eschenbach, der am 12. August 1374 wegen schwerwiegender Missetaten vor den Rat der Stadt treten musste. Natürlich darf auch Bürgermeister Georg Nusch (1588 bis 1668) - der legendäre "Meistertrinker" - in dem Nachschlagwerk nicht fehlen.

sis






aus:
© Fränkische Nachrichten – 11.01.2003







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