WOHNHAUS TOPPLERS
Haus zum Goldenen Greifen

Entgegen einer oft geäußerten Behauptung stammt Toppler aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie. Darauf deutet schon Topplers noch heute erhaltenes Geburtshaus hin: Das Haus zum goldenen Greifen ist ein großer Patrizierbau, in zentraler Lage in unmittelbarer Nähe von Markt und Rathaus.

Außerdem sind Dokumente überliefert, die von kaufmännischen Unternehmungen des Vaters Konrad Toppler und von Stiftungen zum Bau der Kirche St. Johannis berichten.

1352, 1354 und 1358 gehörte Konrad Toppler dem so genannten Inneren Rat, dem engsten Führungskreis der Stadt, an. In diese Stellung werden zu jener Zeit ausschließlich Mitglieder von Patrizierfamilien gewählt.





Ausschnitt der Wandbemalung im Toppler-Haus zu Rothenburg "Zum Goldeen Greifen".



Ausschnitt aus der Wandbemalung im Toppler-Haus zu Rothenburg "Zum Goldeen Greifen".

Zur Geschichte des "Greifen"

600 Jahre Gasthof „Güldener Greifen"
von Gertrud Schubart

In einem Rückblick auf die 700 Jahre, die seit dem 15. Mai 1274, als Kaiser Rudolf von Habsburg die Freiheit der Stadt bestätigte, vergangen sind, darf auch die Geschichte eines der ältesten Gasthäuser der Stadt nicht fehlen. Es ist der Gasthof „Zum Goldenen Greifen" in der Oberen Schmiedgasse.

Das Gebäude, das zwar äußerlich nicht den stattlichen Anblick wie die anderen Patrizierhäuser am Marktplatz bietet, hat dennoch großen Anteil an dem Geschehen in der alten Freien Reichsstadt. Gemeinsam mit den anderen Herrensitzen hat auch die Behausung Topplers den für seine Zeit typischen Baustil: eine große Tenne im Erdgeschoss, die meist den ganzen Hausraum einnahm und zugleich Durchfahrt für Wagen und Fuhrwerke zum Hofe war, daneben in der Regel ein kleines Gemach. Im ersten Stock befanden sich Prunk- und Festräume, die mit besonderer Sorgfalt ausgestattet waren, und im Hause Topplers sogar eine Hauskapelle. Doppelte Getreideböden und umfangreiche Kellerräume beweisen, welch große Vorräte man der unsicheren Zeiten wegen zu halten gewohnt war. Ein Hinterhaus mit „offenem Gange", Stallungen und ein angelegter Garten gehörten ebenfalls zum Herrenhaus. Die wenigen Fenster sind ein weiterer Beweis dafür, dass das Haus sehr alt ist; der barocke Giebel allerdings stammt aus späterer Zeit.




Wohnhaus Topplers bis heute Gasthaus und Herberge und seit Generationen im Besitz der Familie Klingler.

Gaststube im Greifen




Heinrich Toppler, der als wohl bedeutendster Bürgermeister Rothenburgs in der Zeit 1373-1408 die Amtsgeschäfte der Stadt führte, hatte den Besitz - wie man in den Steuerbüchern nachlesen kann - bereits ererbt. Vielleicht war einer seiner Ahnen der in der Chronik erwähnte Konrad Toppler, dem der erste Wappenbrief verliehen worden sein soll und der bereits 1309 verstorben war. Mit Heinrich Toppler geriet auch sein Wohnhaus, der „Güldene Greifen", der schon - wie die Chronik ausweist - zu dieser Zeit eine Gastwirtschaft war, in den Mittelpunkt städtischen Geschehens. Toppler; 'der unter anderem als Feldherr des Schwäbischen Städtebundes und als überaus geschickter Diplomat viele Verbindungen pflegte, der großen „Kundschaftsdienst" zu den Nachbarstädten und zu den Fürstenhöfen im ganzen Land unterhielt und der ein Freund des Kaisers war, sah unzählige Gäste mit Rang und Namen in seinem Hause. Vornehme Besucher, wie der Landgraf von Leuchtenberg, der Burggarf Friedrich der Ältere von Nürnberg und der Bischof von Eichstätt, um nur wenige zu nennen, versäumten nicht, im „Güldenen Greifen" vorzusprechen.




Eindeutig falsches Toppler-Wappen unbekannter Herkunft.



Gasthof "Greifen" Wohnhaus des Bürgermeisters Heinrich Topplers bis zu seinem rätselhaften Tod im Jahr 1408.

Hinzu kamen die vielen, die sich „ihn in Treue angelobt hatten": freie Bauern, die unter seinem Schutz standen und die jährlichen Abgaben ins Haus brachten. (Heinrich Toppler, der als der zweitgrößte Steuerzahler der Stadt galt, hatte, wie bekannt und belegt ist, in 122 Ortschaften Besitzungen und Reichnisse.) Allein die respektablen Gülten der Bauern, u. a. 1024 Hühner im Jahr und an Ostern 2763 Eier sowie die immensen Getreidemengen, die jährlich seine Scheunen füllten, und nicht zuletzt der Wein aus den eigenen Weinbergen gaben dem „Greifen" den Namen eines wohlgerüsteten Gasthofes.



In den Jahren seiner Tätigkeit erlebte Rothenburg die größte Blütezeit. Topplers zielbewusste und geschickte Politik brachte der Stadt bedeutende Freiheiten und Rechte sowie ausgedehnten Zuwachs ihres Landgebietes. Über 100 Orte wurden dem Hoheits- und Wirtschaftsgebiet der Stadt ein verleibt und somit ein Territorium geschaffen, das sich mit dem Nürnbergs messen konnte und bis zur napoleonischen Zeit (Pariser Staatsvertrag 1810) bei der Stadt geblieben ist. Solange Toppler an der Spitze des Stadtregimentes stand, wurden Türme und Befestigungsanlagen gebaut und auch der Grundstein zur St. Jakobskirche gelegt. Handwerker und Freunde kamen ins Haus, um mit dem außerordentlichen Mann Geselligkeit zu pflegen. Seine ausgedehnten Geschäfte wickelte er in dem großen, dem Hofe zu gelegenen Raum ab, der heute noch seinen Namen führt. Das unveränderte Tonnengewölbe sowie ein eingemauerter Wandschrank erinnern noch an diese Zeit.




Das echte Toppler-Wappen

Aus Topplers Testament (1405) erfahren wir, wie viel ihm sein Vater- und Stammhaus bedeutete. Der mit großer Umsicht geschriebene letzte Wille - der noch im Archiv vorhanden ist - bestimmte seinen ältesten Sohn als Erben, da das Haus „in seinem Namen bleiben sollte". Doch bereits drei Jahre später, nach dem gewaltsamen Tod des großen Mannes, verkaufte die Familie allen Besitz und verzog nach Nürnberg. Das Anwesen erwarb Topplers Freund und Nachbar Seitz Häuptlein.

Erst im Jahre 1492 finden wir weitere Aufzeichnungen über den „Greifen". Von da an lässt sich fast lückenlos die Reihe der besitzenden Geschlechter und Familien verfolgen: 1512 wird der „Greifen" erstmals als offene Gastwirtschaft genannt. Zu dieser Zeit, als ein Mitglied des Inneren Rates, Christian Kreß von Kressenstein, das Haus an Michael Strohungen aus Dinkelsbühl um 760 Gulden verkaufte, wurde es auch „des Michael Strohungen Herberg" genannt. Nach ihm folgte ein Mitglied des Äußeren Rates, bald danach wieder ein Angehöriger des Inneren Rates, ein gewisser Benedikt Malch. Die Namen der Familien wechselten. Meist kamen sie durch Einheirat in den Besitz der Herberge.






Und immer wieder kehrten hohe Gäste ein. Die Chronik verzeichnet 1532 Herzog Friedrich zu Neuenmark, Hans Albrecht Markgraf zu Brandenburg, wieder einen Landgrafen von Leuchtenberg und 1536 den Grafen Hohenlohe und viele andere Ritter und Herren. Einen besonders starken Zuspruch erhielt der Gasthof in der ersten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges. Ständige Durchmärsche und Einquartierungen brachten mächtige Gesandte, Grafen, kaiserliche Kommissare und Proviantmeister ins Haus. Später, 1659, auf ihrer Reise nach Rom - auf den Spuren ihres Vaters -, kehrte auch Königin Christine von Schweden im Greifen ein.










„Von Nöten gewesen: 2 Kälber, 3 Lämmer, 8 Gänse, 8 junge Capaunen, 6 alte Hühner, 26 junge Hühner, 4 Spanferkel, 8 Maß Schmalz, 4 Pfund Butter, 150 Eier, 2 Pfund Speck, viele Lerchen und Grammetsvögel, Citronen, Lemonen, Capern, Gewürz, Zucker, Essig, und grüne War die schwere Meng." Ferner wurden die Steuerer ersucht, daß sie „neben 15 Gülden für 21/z Eimer Wein [der Eimer faßte 60 Liter] noch einen Eimer guten und einen Eimer schlechten Wein und 4 Malter Dinkel [1 Malter = 150 Liter] zum Brot und schönen Mehl zum besten geben. Die Baumeister sollen für das nötige Fischwerk und die Altbürgermeister für Wildbrett und Hasen sorgen." (Wahrlich, die Herren hatten einen guten Appetit!) In den folgenden Jahrhunderten schwanden die Macht und das Ansehen der Freien Reichsstadt dahin. Nach der Einverleibung in das Königreich Bayern wurde Rothenburg ein stilles Landstädtchen.

Die Besitzer des Hauses hatten oftmals gewechselt, sie hießen Kreiselmeier, Krauß, Poppel, Geiß, Hörber und führen hin zu der heutigen Eigentümerin, Frau Lore Klingler, deren Urgroßvater, Leonhard Klingler, das Topplerhaus am 20. Juni 1861 für 5060 Gulden gekauft hat.

Frau Klingler weiß, dass Tradition verpflichtet. Sie lässt es sich angelegen sein, den Grundcharakter des traditionsreichen Hauses zu erhalten und zu pflegen. Trotz aller Moderne, die der Gast heute erwartet, findet der geschichtlich Interessierte immer wieder Dinge, die ihn in die vergangenen Jahrhunderte der Freien Reichsstadt zurückversetzen.



Toppler nennt sein Haus in seinem Testament „Zum gulden Greiffen". Das Wappen dieses Fabeltieres findet man vielfach an der alten Handelsstraße nach Süden. So begegnet man einem „Greifen" in Feuchtwangen, in Dinkelsbühl, in Bozen und sicher noch weiter südlich.

Frau Lore Klingler bewahrt das Erbe und bietet heute sowohl dem Rothenburger als auch dem Gast gutbürgerliche Behaglichkeit. Manch tiefsinnige Betrachtungen über Geschlechter und Geschehnisse der Stadt werden wohl in den alten Mauern bei einem würzigen Tauberwein geführt. Wünschen wir, dass das geschichtsträchtige Haus auch weitere Zeiten glücklich überdauert!






Schneider'sche Buchdruckerei

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages

aus: Festschrift
„Reichsstadt-Jubiläum 1274-1974
Rothenburg ob der Tauber“

1974, Seite 109, 111.

Herausgeber: Schneidersche Buchdruckerei, Gebr. Schneider,
Verlag „Fränkischer Anzeiger“







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